Die Theorie – wir kümmern uns

Gestern, am 3. Juni, war weltweit Tag des Fahrrads. Die Polizei Pforzheim, die bisher nicht gerade als Freund der Radfahrenden bekannt ist, twitterte ein Foto eines auf einem Radfahrstreifen parkenden Autos, dazu der Text:

+++ So nicht +++

„Ich muss nur kurz zum Bäcker…“
Egal ob für 10 Minuten, oder nur wenige Sekunden – der Fahrradschutzstreifen ist keine Halte- oder Parkfläche. Bitte lasst diesen für den Radfahrer so wertvollen Platz frei!“

Tweet der Polizei Pforzheim

Ich kenne die Stelle sehr gut und weiß, dass dort wirklich ein Bäcker ist. Und ich weiß auch, dass das Auto des Bäckers auch immer wieder in der Vergangenheit auf dem Radfahrstreifen geparkt wurde. Dies antwortete ich auf Twitter.

Die Theorie – Zuständigkeitspingpong

Dann stellte ich die Frage der Zuständigkeit, und auch, wie man sich in so einer Situation verhalten solle:

Wie ist das mit der Zuständigkeit. Jemand parkt auf dem Radstreifen an der Stelle. Ich rufe Ordnungsamt an, die sagen „wir schicken jemanden vorbei, wenns passt“, es kommt keiner. Dann kann ich die 110 wählen?

Der Tweet von mir als Antwort an die Polizei Pforzheim.

Daraus ergab sich das übliche „Wir sind nicht zuständig“-Pingpong und eine Diskussion auf Twitter.

Hinweis: Es gibt in Pforzheim das Amt für öffentliche Ordnung und eine Verkehrsüberwachung. Mir ist nicht ganz klar, wie die (rechtliche) Trennung der beiden aussieht, daher verwende ich für beides den Begriff „Ordnungsamt“.

Der Lkw auf dem Gehweg

Später an diesem Tag war ich in der Stadt Pforzheim unterwegs und sah, wie an einer Kreuzung ein Lkw den gesamten Gehweg und die Fußgängerfurt blockierte. Menschen mussten auf die Fahrbahn treten und um den Lkw herum laufen, um überhaupt zur Ampel zu gelangen und auch die Rechtsabbieger an der Stelle konnten die Kreuzung nicht komplett einsehen.

Ich machte zuerst mehrere Fotos der Situation mit einer speziellen App, die neben Datum und Uhrzeit auch die Koordinaten sowohl in die Metadaten des Fotos hinterlegt als auch als Overlay auf dem Foto darstellt. Da war es 13:19 Uhr.

Die Praxis – Ordnungsamt nicht erreichbar

Ich rief um 13:24 Uhr beim Ordnungsamt an und meldete eine Verkehrsbehinderung. Dort sagte man mir, man könne die zuständige Behörde/Abteilung erst ab 14 Uhr erreichen. Ich bedankte mich und sagte, dass ich die Polizei anrufen werde.

Die Praxis – Polizei nicht zuständig

Dann rief ich um 13:25 Uhr beim Polizeirevier Nord an (direkt, nicht den Notruf), das für diesen Bereich zuständig ist. Ich erklärte, wie der Lkw auf dem Gehweg steht und gab den Ort an. Der Polizist sagte, dass ich beim Ordnungsamt anrufen solle. Ich erwiderte, dass dort erst ab 14 Uhr jemand erreichbar sei, aber eine Behinderung jetzt vorläge. Er sagte, dass man sowieso erst auf das Ordnungsamt warten müsse, bevor man vor Ort abschleppen könne, so sei das leider, man blockiere sich da leider selbst.

Ich bedankte mich und legte auf. Dann postete ich um 13:30 Uhr auf Twitter das eben Erlebte zusammen mit dem mittleren der drei Bilder oben und erwähnte auch die Polizei Pforzheim:

So @PolizeiPF Lindenstr. / Anshelmstr. Überweg versperrt.
Anruf Ordnungsamt: Erst ab 14 jemand da.
Polizei Nord: Wenden Sie sich ans OAmt.
Ich: Die erst ab 14.
Pol: Wir müssten eh auf die Warten. Ist leider so. Wir stehen uns da selber im Weg.

Steht dann wohl länger hier.

Mein Tweet über das Erlebte.

Die Praxis – Polizei irgendwie doch zuständig?

Um 13:44 Uhr gab es eine Antwort via Twitter von der Polizei Pforzheim. Einer Sanktionierung spreche ja nichts gegen, eine Streife des Polizeirevier Nord sei mit der Sache beauftragt, wäre jedoch aktuell noch bei einer anderen Verkehrsbehinderung. Hier der Tweet.

Dann war wohl die Aussage beim Telefonat nicht korrekt; denn um Abschleppen ging es hier ja gar nicht, sondern um Sanktionierung und Behebung der Verkehrsbehinderung und Gefährdung. Und das kann die Polizei durchaus machen, sonst wäre ja keine Streife beauftragt worden.

Ich wartete also…

In der Zwischenzeit wurden viele Menschen behindert und auch gefährdet, die über den Fußgängerüberweg nutzen wollten/mussten. Auch mehrere hatten sich bei den Menschen beschwert, die den Lkw immer wieder beladen haben.

Und wartete…

Und wartete…

Die Praxis – Polizei hat doch keine Zeit

Nach etwas mehr als 46 Minuten erwähnte ich via Twitter, dass es nun schon länger dauere und jemand fragte für mich via Twitter bei der Polizei Pforzheim nach.

Die antwortete um 14:39 Uhr und schrieb, dass es eine Rückmeldung vom Revier gebe, dass die Streifen immer noch im Einsatz seien, man das Ordnungsamt erreicht habe und jemand davon komme. Hier der Tweet.

Die Praxis – Ordnungsamt verlagert nur das Problem

Um ca. 14:50 Uhr war dann ein Mitarbeiter vom Ordnungsamt da.

Er sprach mit denjenigen, die gerade den Lkw beluden, erklärte, dass dies kein guter Platz sei und wies sie an, den Gehweg freizumachen und stattdessen auf dem Gehweg um die Ecke 5 Meter weiter direkt hinter seinem Fahrzeug zu parken.

Währenddessen fragte ich, ob es denn keine Verwarnung gäbe, weil schon über eine Stunde dort geparkt. Darauf fragte er „ja was soll ich da verwarnen?“. Dann sagte er zu mir, ich solle weggehen und winkte mit der Hand.

Der Bußgeldkatalog sieht dafür vor (Direktlink):

  • Tatbestandsnummer 112657
    „Sie parkten länger als 1 Stunde verbotswidrig auf dem Gehweg und behinderten dadurch Andere.“
    Kosten: 80 € und 1 Punkt.

Dann wurde der Lkw weggefahren und der Mitarbeiter des Ordnungsamts half dabei, den Lkw auf der Kreuzung wenden zu lassen, nahm das aufgestellte Warndreieck und stellte es an neuer Position wieder hin. So parkten dann das Fahrzeug des Ordnungsamt-Mitarbeiters und der Lkw beide mit Warnblinker auf dem Gehweg. Das Fahrzeug des Mitarbeiters stand dabei so, dass um 1 m übrig blieb.

Als er zuvor den Menschen mit dem Lkw den Grund seines Erscheinens erklärte, zeigt er auch auf mich.

Hier kann man die Restbreite des Gehwegs etwas besser einschätzen:

Ich ging zum Mitarbeiter des Ordnungsamts und bat ihn, mir seinen Namen zu nennen, da ich mich offiziell über diese Vorgehensweise beschweren möchte. Er drehte sich von mir weg. Ich dachte, vielleicht hat er mich nicht gehört und habe lauter gesagt „Hallo?“, er reagierte immer noch nicht, ich wurde noch etwas lauter aber er ging einfach weg zu seinem Fahrzeug.

Nach ca. 2 Minuten ging ich dann, mein Fahrrad schiebend, den versperrten Gehweg entlang zum Fahrzeug des Ordnungsamts und musste den Abstandshalter abnehmen, weil ich sonst nicht durchgekommen wäre. Das sind ca. 113 cm. Dann ging ich zur Fahrerseite des Fahrzeugs, die Scheibe war geschlossen. Ich bat den Mitarbeiter mehrfach, mir seinen Namen zu nennen. Er weigerte sich, diese zu öffnen und mir mir zu reden.

Ich rief also beim Ordnungsamt an, bekam eine Durchwahl, wurde dort dann weitergeleitet und kam um ca. 15:17 Uhr bei jemandem heraus, der wohl für den Mitarbeiter zuständig ist.

Ich erklärte die komplette Situation und auch, dass ich mit der Art nicht einverstanden sei, dass jetzt beide Fahrzeuge noch immer verbotswidrig auf dem Gehweg parkten, dass mir der Herr die Nennung seines Namens verweigere und dass ich den gerne für eine offizielle Beschwerde benötige.

Darauf die Dame am Telefon: „Ja, aber sie kommen durch?“ und meinte damit, dass das Gehwegparken ja nicht schlimm sein könne.

Ich erklärte, dass es an dieser Stelle vier Fahrstreifen auf der Fahrbahn gebe (zwei je Richtung) und dass man eine davon nutzen könnte, statt den Gehweg. Sie erklärte mir, wohin ich die Beschwerde schicken könne. Ich sagte, dass ich aber trotzdem den Namen des Mitarbeiters bräuchte. Daraufhin sagte sie ihn mir endlich.

Dann fuhr ich weiter; für meine Erledigungen war es leider zu spät geworden und deshalb drehte ich nach wenigen hundert Metern wieder um. Als ich sechs Minuten später an derselben Stelle vorbei fuhr, war der Mitarbeiter des Ordnungsamts wieder weg und der Lkw stand weiterhin auf dem Gehweg.

Knapp zwei Stunden hatte die Aktion gedauert.

Die Praxis – Dienstaufsichtsbeschwerde

Wenn ein Lkw auf der Fußgängerfurt an einer Krezung den kompletten Gehweg zuparkt, Menschen behindert und gefährdet, weil diese auf die Fahrbahn treten müssen und die Behörden informiert werden, dann darf es keinen Zuständigkeitenpingpong geben und es muss schnell gehen. Vom ersten Anruf bei der, sich nicht zuständig fühlenden, Polizei, die dann aber doch eine Streife beauftragte, die dann aber nicht kam bis zum Eintreffen des Ordnungsamt-Mitarbeiters vergingen 1 Stunde und 25 Minuten.

Und wenn dann schließlich jemand von den zuständigen Behörden vor Ort ist, dann erwarte ich, dass erstens die Behinderung und Gefährdung behoben wird statt sie nur ein paar Meter weiter auch wieder auf den Gehweg zu verlegen. Und auch, dass die Behinderung sanktioniert wird. Mit einem „Du du du“ darf die Sache nicht erledigt sein. Alles das ist nicht passiert. Dazu noch das Verhalten des Ordnungsamt-Mitarbeiters vor Ort mir gegenüber.

Da bleibt nur: Kein Dankeschön und eine Dienstaufsichtsbeschwerde.